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Der „echte“ Corydoras melini?

31. Dezember 2021

Eines der wichtigsten Argumente für den Import von Wildfängen für die Aquaristik liegt in dem Erkenntnisgewinn, den er ermöglicht. Bei der Mehrzahl kleiner Fischarten geht das nur durch die Beobachtung lebender Exemplare. Ohne diese gibt es keine Artenkenntnis, ohne Artenkenntnis gibt es keinen Artenschutz.

Ein wunderbares Beispiel für das oben Gesagte ist der Panzerwels (Corydoras), den wir vor einigen Wochen aus Brasilien unter der Bezeichnung Corydoras davidsandsi erhielten. Er kam uns zwar etwas arg hochrückig und spitzschnäuzig für C. davidsandsi vor, aber weil es sich um besonders große Tiere handelt und wir auf die Schnelle keinen besseren Namen anzubieten hatten, ließen wir es erst einmal laufen. 

Inzwischen haben wir aber weiter recherchiert und kamen zu überraschenden Ergebnissen. Seit den 1980er Jahren wird ein sehr schöner Panzerwels aus Kolumbien importiert, den mehrere Wissenschaftler in wissenschaftlichen Studien als Corydoras melini identifizierten. Dieser Kolumbianer ist ein rundschnäuziger Panzerwels mit einer schwarzen Augenbinde; unter der Rückenflosse beginnt ein breites schwarzes Rückenband, das über die Schwanzwurzel bis zum unteren Ansatz der Schwanzflosse läuft und sich entlang der unteren Schwanzflossenkante fortsetzt. Dieses Farbmuster wollen wir im folgenden Text als „Melini-Muster“ bezeichnen.

Heutzutage haben wir gelernt, dass es bei den Panzerwelsen mehrere Entwicklungslinien gibt, die sich bezüglich ihrer Kopfform (und damit dem Nahrungserwerb) unterscheiden. Sehr häufig gibt es Rund-, Lang- und Sattelschnäuzer mit nahezu identischem Farbmuster, ohne dass diese Arten näher miteinander verwandt wären; zusätzlich gibt es aber auch noch Zwillingsarten mit der gleichen Kopfform, die jedoch in räumlich weit voneinander gelegenen Arealen vorkommen, darum zumindest unterschiedliche Populationen darstellen und in aller Regel durch Details der Färbung unterschieden sind. Und um es noch etwas komplizierter zu machen: die Kopf- oder Schnauzenform ist auch innerhalb einer Population einer gewissen Variation unterworfen und verändert sich außerdem im Laufe der individuellen Entwicklung (Ontogenese). Ein sehr junger Langschnäuzer ist z.B. nur für sehr erfahrene Spezialisten als solcher erkennbar, die relative Länge der Schnauze nimmt im Laufe des Wachstums erheblich zu.

Die Überprüfung der wissenschaftlichen Erstbeschreibung von Corydoras melini ergab, das es sich dabei eindeutig um einen Langschnäuzer handelt, auch wenn die der Beschreibung zugrunde liegenden Tiere noch relativ klein waren. Sie wurden 1924 im Rio Uaupes im Grenzgebiet zwischen Brasilien und Kolumbien von D. Melini gesammelt, zu dessen Ehren die Art bei der Erstbeschreibung durch Lönnberg und Rendahl benannt wurde. Rendahl war nicht nur Zoologe sondern auch anerkannter Künstler und fertigte vom größten, 44,4 mm (ohne Schwanzflosse) langen Tier, das Nijssen & Isbrücker 1980 zum Lectotypen erklärten (es ist somit das Referenzexemplar für alle nachfolgenden Bestimmungen), eine detailgetreue Zeichnung an. Weil diese Arbeit nicht so ohne weiteres zugänglich ist, bilden wir die Zeichnung zu Vergleichszwecken hier ab.

Ein leicht erkennbarer Unterschied zwischen den „falschen“ C. melini aus Kolumbien und dem „echten“ C. melini aus dem Rio Uaupes (in Kolumbien heißt der gleiche Fluss Vaupes) ist die Färbung der Rückenflosse. Der „falsche“ C. melini hat in der Rückenflosse ein schwarzes Dreieck, das sich von der Spitze des Rückenflossenstachels bis zum hinteren unteren Ende dieser Flosse zieht. Das Rückenflossendreieck ist farblich mit der Rückenbinde verschmolzen. Beim „echten“ C. melini ist die Rückenflosse hingegen transparent und nur im unteren, rückennahen Bereich gibt es ein flaches, schwarzes Rechteck, das ebenfalls mit der Rückenbinde verbunden ist. Weitere Färbungsunterschiede gehen leicht aus den beigefügten Photos hervor. Der „falsche“ C. melini kommt übrigens nach Castro (1987) im Rio Guaviare (Kolumbien, Orinoko-Einzug) und im Rio Caqueta (Amazonas Einzug in Kolumbien, in Brasilien heißt der gleiche Fluss Japurá) vor.

Es sind zur Zeit folgende Langschnäuzer mit „Melini-Muster“ und der Färbung des „echten“ C. melini bekannt: C52 (Peru), C85 (Peru), C138 (Peru), C159 (Brasilien: Rio Purus), CW89 (Kolumbien, Rio Vaupes), CW106 (Kolumbien, Rio Cuduyaria, ein Zufluss des Rio Vaupes). Unsere, als C. davidsandsi geschickten Tiere entsprechen davon am besten C159 und aus unserer Sicht ist CW89 der Fisch, der der Erstbeschreibung von C. melini am nächsten kommt.

Zum Schluss noch ein Wort zu C. davidsandsi: diese Art kommt im Rio Negro-Einzug (Rio Unini) in Brasilien vor und hat zwar das „Melini-Muster“, aber der Nackenschild zwischen Augenbinde und Rückenflossenansatz ist blass orangerot gefärbt, was ihn eher in die Nähe von Corydoras adolfoi, C. burgessi, C. imitator und ähnlichen Arten stellt.

Text & Photos: Frank Schäfer

Zitierte Literatur

Castro, D. M. (1987): The fresh-water fishes of the genus Corydoras from Colombia, including two new species (Pisces, Siluriformes, Callichthyidae). Boletin Ecotrópica. No. 16: 23-57, Pls. 1-11.

Lönnberg, E. & H. Rendahl (1930): Eine neue Art der Gattung Corydoras. Arkiv för Zoologi v. 22 A (no. 5): 1-6.

Nijssen, H. & I. J. H. Isbrücker (1980): A review of the genus Corydoras Lacépède, 1803 (Pisces, Siluriformes, Callichthyidae). Bijdragen tot de Dierkunde v. 50 (no. 1): 190-220.

C- und CW-Nummern: www.corydorasworld.com

Hemiloricaria melini

10. November 2017

Kürzlich stellten wir Ihnen den überraschend aus Brasilen importierten, zuvor nur aus Venezuela bekannten Hemiloricaria sp. „Puerto Ayacucho“ vor und erwähnten, dass er gemeinsam mit Hemiloricaria melini importiert wurde. Darauf häuften sich die Anfrage, ob wir nicht auch die Melinis im Bild vorstellen könnten.

Können wir: bitteschön!

Hemiloricaria melini bildet gemeinsam mit H. formosa, H. teffeana und H. sp. „Barcelos“ eine Gruppe so genannter Apachen-Hexenwelse, die ein überaus attraktives Leoparden-Fleckenmuster verfügen. Die Art wird laut Literatur etwa 10 cm große, unsere Exemplare sind mit 15 cm Länge deutlich größer. Die sehr schönen Fische sollten auf Sandboden, in weichem, sauren Wasser gepflegt werden.

Für unsere Kunden: die Tiere haben Code 288675 auf unserer Stockliste. Bitte beachten Sie, dass wir ausschließlich den Großhandel beliefern.

Text & Photos: Frank Schäfer

Hemiloricaria sp. „Puerto Ayacucho“

27. Oktober 2017

Endlich gelang es uns einmal wieder, die wunderschöne Hemiloricaria melini aus Brasilien (Rio Negro-Einzug) zu importieren. Wie üblich waren zahlreiche Beifänge in der Sendung, wie H. sp. Weißdorn und H. castroi (siehe hierzu unseren Eintrag: http://www.aquariumglaser.de/fischarchiv/hemiloricaria-beifaenge/), aber diesmal waren auch einige Tiere dabei, die wir zuvor noch nie gesehen haben. Auffälligstes Merkmal ist das schwarze „Pfeffermuster“, das die Tiere am Vorderkörper tragen.

Im Welsatlas Band 1 ist eine Hemiloricaria-Art aus Venezuela als „Rinelorcaria sp. Puerto Ayacucho“ vorgestellt, die unseren Tieren extrem ähnlich sieht. Eine Nachfrage bei Ingo Seidel ergab, dass er ebenfalls der Auffassung ist, dass unsere Neuimporte aus Brasilien dieser bislang nur aus dem Orinoko-Einzug bekannten Art zuzuordnen sein dürften. Demnach hat der „Puerto Ayacucho“ offenbar eine sehr viel weitere Verbreitung, als bisher angenommen wurde.

Für unsere Kunden: die Tiere haben Code 289095 auf unserer Stockliste. Bitte beachten Sie, dass wir ausschließlich den Großhandel beliefern. Nur in wenigen Exemplaren verfügbar!

Text & Photos: Frank Schäfer