Weißsaum-Antennenwelse

1. April 2014

Liebe
Kunden, bezüglich der Namensgebung bei einigen Ancistrus-Arten herrscht
babylonische Verwirrung. Zunächst: die Gattung Ancistrus ist sehr
artenreich. Gegenwärtig sind 66 Arten wissenschaftlich anerkannt. Da
früher auch sehr viele Arten unter dem Namen Ancistrus beschrieben
wurden, die heute in ganz anderen Gattungen stehen – z.B. Lithoxus,
Pterygoblichthys, Hemiancistrus, Dekeyseria etc. – ist damit zu rechnen,
dass durch die wissenschaftliche Aufarbeitung dieser alten Arten auch
noch etliche Namensänderungen kommen werden.

Der
„Gewöhnliche Aquarienantennenwels“ ist seit den 1950er Jahren in
unseren Aquarien heimisch. Damals ahnte man noch nicht andeutungsweise
etwas von der Artenvielfalt, die es bei diesen Fischen gibt. Darum wurde
der Fisch damals als „Ancistrus dolichopterus“ bestimmt. Es war damals
üblich, dass die Züchter Wildfänge „zur Blutauffrischung“ kauften und in
ihre Zuchtstämme einkreuzten. Es ist darum fast 100%ig sicher, dass
unser allgemein im Aquarium verbreiteter Antennenwels  keine reine Art
ist, sondern eine Zuchthybride. Jedenfalls kennt man aus der Natur keine
exakt unseren Aquarienfischen entsprechende Wildart. Man kann
Ancistrus-Arten relativ problemlos miteinander kreuzen, ähnlich wie man
Platys und Schwertträger kreuzen kann; das ist kein Kriterium, ob es
sich um unterschiedliche Arten handelt.

Heute
kennt man zusätzlich zu den 66 wissenschaftlichen Arten auch noch etwa
90 weitere Arten, teils mit, teils ohne L- oder LDA-Nummern (siehe
Mergus Welsatlas Band 2), die gelegentlich importiert oder gezüchtet
werden. Man ist noch weit davon entfernt, hier wirklich durchzublicken,
aber folgendes scheint sicher: Ancistrus dolichopterus ist einer der so
genannten Weißsaum-Antennenwelse und wurde früher mit der L-Nummer 183
belegt. Also: L183 = Ancistrus dolichopterus

Der
„Gewöhnliche Aquarienantennenwels“ kann als Kreuzung (andere Ausdrücke
dafür sind Hybrid oder Bastard) nach den Regeln der zoologischen
Namensgebung keinen wissenschaftlichen Artnamen bekommen und darf darum
streng genommen nur mit dem Gattungsnamen, also Ancistrus, bezeichnet
werden.

Es gibt aber auch mehrere Arten von
Weißsaum-Antennenwelse. A. dolichopterus ist relativ leicht daran zu
erkennen, dass er als einzige Ancistrus-Art meist 9 Weichstrahlen in der
Rückenflosse hat (die anderen haben 7-8). Das ist in der Regel (leider
gibt es gelegentlich individuelle Ausnahmen) ein zuverlässiges
Bestimmungsmerkmal. Die Färbung ist das nur eingeschränkt, denn
Jungtiere sehen anders aus als erwachsene oder alte Fische und die
Ancistrus-Arten können auch stimmungsabhängig ihre Färbung recht schnell
wechseln.

Vor
der Entdeckung, dass L183 A. dolichopterus ist, glaubte man, es handele
sich bei L183/Weißsaum-Antennenwels um A. hoplogenys. A. hoplogenys ist
aber mit L59 identisch und hat orangefarbene Flossensäume. Eine andere
Weißsaum-Antennenwels-Art, die immer wieder mit L183 = Ancistrus
dolichopterus verwechselt wird, ist mit verschiedenen L-Nummern belegt
worden: L71, L181 und L249. Es ist aber alles die gleiche Art. Früher
nannte man sie „falscher hoplogenys“, weil nur die Jungtiere die
hübschen weißen Flossensäume besitzen, diese Flossensäume bei
erwachsenen Tieren aber verschwinden. Dem stellte man  L183 = Ancistrus
dolichopterus als „echten hoplogenys“ gegenüber. Leider werden beide
Arten in Brasilien nicht unterschieden und wir wissen auch nie genau,
was kommt, wenn wir sie bestellen.

Leider
hat sich das Namenskuddelmuddel bis heute erhalten. Bitte beachten Sie,
dass vor allem aus technischen Gründen auf unserer Stockliste keine
wirklich befriedigende Lösung möglich ist. Mit „Ancistrus dolichopterus“
wird nach wie vor der „Gewöhnliche Aquarienantennenwels“ bezeichnet,
Code 20420; als „Ancistrus dolichopterus wild“ werden nicht näher
bestimmbare Antennenwels-Wildfänge bezeichnet, die dem „Gewöhnlichen
Aquarienantennenwels“ sehr ähnlich sehen, Code 20411. Der „echte“ A.
dolichopterus/L183/“echter hoplogenys“ ist auf unserer Stockliste mit A.
hoplogenys, Code 20440 oder, wenn es sich um nicht bestimmbare
Jungtiere handelt, die auch L71/L181/L249 sein könnten, als Ancistrus
sp. White Seam, Code 20480, bezeichnet.

Wir sind stets bemüht,
die korrekten wissenschaftlichen Namen zu verwenden, doch manchmal ist
das einfach nicht möglich, wie in dem vorliegenden Fall. Bitte beachten
Sie das und fragen Sie im Zweifelsfall bitte vor einer Bestellung genau
nach. Vielen Dank.

Text: Frank Schäfer, Photos: Frank Schäfer, Dieter Bork, Erwin Schraml