Zu den häufigsten, am weitesten verbreiteten und variantenreichsten lebendgebärenden Zahnkarpfen in Mittelamerika zählen die Arten des Poecilia-sphenop-Komplexes: P. butleri, P. mexicana und P. sphenops. Der Formenreichtum sowohl geografisch als auch innerhalb jeder Population ist gewaltig. So gibt es fast immer großwüchsige und bunte so genannte Alpha-Männchen und (aus menschlicher Sicht) mickrige, kleinbleibende Männchen, die oft nur die unscheinbare Weibchenfärbung zeigen, somit von den gewaltigen Herrlichen gar nicht beachtet werden und in Folge dessen auch noch zum Fortpflanzungserfolg kommen.
Es liegt auf der Hand, dass es sehr schwierig ist, bei solch komplexen Verhältnissen anatomische bzw. morphologische Artunterschiede zu finden. Und so wurden im Laufe der letzten rund 130 Jahre manchmal sehr viele Arten unterschieden oder auch der gesamte Formenreichtum zu einer einzigen Art (P. sphenops) zusammengezogen. Wie so oft liegt die wahrscheinlichste Lösung irgendwo in der Mitte. Gegenwärtig gibt es eine Mehrheit unter den mit der Erforschung dieser Tiere befassten Menschen, dass es in Mexiko (und wahrscheinlich auch in weiteren Teilen Mittelamerikas, die bei weitem noch nicht so intensiv besammelt wurden wie Mexiko) jeweils zwei Arten auf des Komplexes auf jeder Seite gibt, die sich farblich kaum unterscheiden, vorkommen. Diese scheinen sich ökologisch – in diesem Fall in der Nahrungspreferenz – zu unterscheiden. Bekanntlich kann man sich Mittelamerika – stark vereinfacht – wie einen langgezogenen Gebirgszug vorstellen, mit jeweils einer Abdachung zum Atlantik und einer zum Pazifik. Auf jeder Seite lebt eine Art mit einspitzigen Zähnen und eine mit dreispitzigen Zähnen. Auf der Atlantikseite sind dies P. sphenops (dreispitzig) und P. mexicana (einspitzig) und auf der Pazifikseite ebenfalls P. sphenops (dreispitzig) und P. butleri (einspitzig). P. butleri unterscheidet sich von den beiden anderen Arten auch durch ein morphologisches Merkmal, nämlich nur 8 Strahlen in der Afterflosse, während P. sphenops und P. mexicana dort 9 Strahlen haben. Das kann man natürlich nur bei Jungtieren und Weibchen nachprüfen, weil bei den Männchen die Afterflosse bekanntlich zum Begattungsorgan (Gonopodium) umgebildet ist. An dieser Stelle ist der Sachverhalt natürlich nur stark verkürzt und vereinfacht dargestellt, in der Natur sind weitere Arten involviert und das Verbreitungsmuster komplexer.
Wir können seit einiger Zeit P. butleri anbieten, eine Art, über die (aus verständlichen Gründen) in der aquaristischen Literatur nur sehr selten berichtet wird. Wir beziehen die Tiere von einem Züchter in Thailand, der gerne selten angebotene Wildformen von Lebendgebärenden in sein Sortiment aufnimmt. P. butleri ist sehr salztolerant und kommt häufiger als die beiden anderen Arten auch in Brackwasser vor, wird jedoch auch oft in reinem Süßwasser angetroffen. Farblich gibt es kaum Unterschiede zu P. sphenops und P. mexicana. Wie bei diesen Arten haben die Alpha-Männchen oft einen breiten orangefarbenen Saum an der Schwanzflosse. Bei Rangordnungskämpfen färben sich die Flossen dunkel ein und es erscheint ein Streifenmuster auf den Flanken.
Alles in allem ist Poecilia butleri eine schöne Bereicherung des Angebotes und lädt ganz besonders naturwissenschaftlich Interessierte zu weitergehenden Verhaltensstudien ein. Man sollte die Art, wie alle Mollies, in möglichst großen Aquarien in größeren Gruppen pflegen. Nur dann können sich die temperamentvollen Tiere richtig entwickeln und ihr breites Verhaltensspektrum zeigen. Die Zucht im Zimmeraquarium ist, wie bei anderen Mollies auch, nicht einfach. Oft degenerieren die Tiere nach wenigen Generationen. Um dem entgegenzuwirken ist eine zeitweise Freilandhaltung im Sommer sehr zu empfehlen. Offenbar hat die direkte Sonneneinstrahlung einen sehr positiven Einfluss auf die Fische. Sicher ist auch die vitaminreiche Algennahrung, die den Tieren im Freiland unbegrenzt zur Verfügung steht, sehr gesund für die Mollies. Man darf aber nicht vergessen, die Tiere im Herbst rechtzeitig wieder ins Haus zu holen, unter 18°C sollte die Wassertemperatur dauerhaft nicht sinken, ggf. ist eine Heizmöglichkeit im Freilandaquarium vorzusehen.
Für unsere Kunden: die Fische haben Code 280555 auf unserer Stockliste. Bitte beachten Sie, dass wir ausschließlich den Großhandel beliefern.
Text & Photos: Frank Schäfer