Bis zu 120 Arten asiatischer Kleinbarben ordnete man früher der Gattung Puntius zu. Es war schon jahrzehntelang klar, dass Puntius keine in sich geschlossen Verwandtschaftsgruppe darstellt, sondern einen Sammeltopf für unterschiedlichste Kleinbarbengruppen. Darum bevorzugten viele sogar die Einordnung der asiatischen Kleinbarben bei Barbus, ebenso falsch, aber dadurch sollte vermieden werden, dass bei Neuentdeckungen bereits früher beschriebene Arten übersehen werden.
Eine Revision der Puntius scheiterte immer an den Masse der Arten, zumal die Alpha-Systematik innerhalb der Gruppe nur unbefriedigend verstanden ist. Unter Alpha-Systematik versteht man die Kenntnis über die tatsächlich existierenden Arten. Doch dann fasste man sich ein Herz (genauer gesagt: es waren Pethiyagoda et al., 2012) und fing einfach an. Es gab dann zwar einiges Hin und Her, einige neu geschaffene Gattungen mussten wieder umbenannt werden, andere wurden weiter unterteilt, aber inzwischen kommt man ganz gut klar und kennt die neue Gattungsnamen Dawkinsia, Desmopuntius, Haludaria, Oliotius, Pethia, Puntigrus, Sahyadria und Striuntius.
Etwas im Corona-Geschehen untergegangen ist die Aufstellung der neuen Gattung Waikhomia durch Katwate et al. 2020. Diese neue Gattung umfasst nur zwei südindische Arten, nämlich W. sayadriensis und W. hira. Beide Arten sehen sich sehr ähnlich. W. hira unterscheidet sich von der aquaristisch besser bekannte W. sahyadriensis durch die Anordnung und Ausprägung der Flecken auf den Flanken. Bei W. sahyadriensis sind diese hochoval und es gibt auch Fleckem im Rückenbereich, bei W. hira beschränken sich die relativ kleinen, runden Flecken auf eine Art Band entlang der Körpermitte.
Nun erschien eine molekularbiologische Bearbeitung der Gruppe von Sudasinghe et al., 2023. Hier werden drei weitere Gattungen für Kleinbarben von Sri Lanka und aus Südindien aufgestellt, nämlich Rohanella (Typusart Puntius titteya), Plesiopuntius (Typusart Gnathopogon bimaculatus) und Bhava (Typusart Puntius vittatus). Alle drei Gattungen sind vorerst monotypisch, d.h. ihnen ist nur jeweils eine Art zugeordnet.
Aquaristisch am bedeutsamsten ist Rohanella titteya, die Bitterlingsbarbe. Es ist interessant, dass die molekularen Daten keine Unterschiede der verschiedenen bekannten Populationen dieser Art zeigen, obwohl sie sich farblich recht deutlich unterscheiden.
Die Zweifleckbarbe, Plesiopuntius bimaculatus, ist sehr aus der Mode gekommen. In den 1950er und 1960er Jahren war sie ein beliebter Aquarienfisch. Es gibt die Art nicht nur auf Sri Lanka, sondern auch auf dem indischen Festland. Es konnten molekular mehrere unterschiedliche Linien identifiziert werden, was jedoch (noch) nicht in der Aufspaltung der Art resultierte.
Die Streifenbarbe, Bhava vittata, war zeitgleich mit der Zweifleckbarbe ein beliebter Aquarienfisch, heutzutage findet man sie, wenn überhaupt, nur in den Becken spezieller Barbenliebhaber. Die Art kommt auf Sri Lanka und im südlichen Indien weit verbreitet vor, verschleppt findet man sie auch in Bengalen. Die kleine Allerweltsbarbe kommt opportunistisch in zahlreichen Gewässertypen vor.
Text & Photos: Frank Schäfer
Literatur
Katwate, U., P. Kumkar, R. Raghavan and N. Dahanukar (2020): Taxonomy and systematics of the ‘Maharaja Barbs’ (Teleostei: Cyprinidae), with the description of a new genus and species from the Western Ghats, India. Zootaxa 4803 (no. 3): 544-560.
Pethiyagoda, R., M. Meegaskumbura and K. Maduwage (2012): A synopsis of the South Asian fishes referred to Puntius (Pisces: Cyprinidae). Ichthyological Exploration of Freshwaters v. 23 (no. 1): 69-95.
Sudasinghe, H. Rüber, L. & M. Meegaskumbura (2023): Molecular phylogeny and systematics of the South Asian freshwater-fish genus Puntius (Teleostei: Cyprinidae). Zoologica Scripta (online): 1-17