Hyphessobrycon pulchripinnis

4. April 2025

Der Zitronensalmler, Hyphessobrycon pulchripinnis, gehört zu den beliebtesten Aquarienfischen überhaupt und findet sich überall auf der Welt im Standardangebot des Zoofachhandels. Wie bei so vielen alltäglichen Arten macht man sich wenig Gedanken um sie, dabei birgt der Zitronensalmler viele Geheimnisse!

Bis 1980 kannte man nämlich seine Heimat nicht, obwohl die Art bereits 1937 beschrieben wurde. Die Erstbeschreibung erfolgte anhand von Aquarienfisch-Importen, deren Herkunft unbekannt war und nur vage mit „vermutlich Amazonas“ abgegeben wurde. Obwohl die Zucht des Fisches nicht ganz leicht ist (willkürlich zusammengestellte Paare laichen oft nicht ab, die Weibchen müssen in regelmäßigen Abständen zum Laichen gebracht werden, damit der Laich befruchtungsfähig bleibt etc.) kamen kaum jemals Wildfänge und so fand erst 1980 Gery heraus, dass die Heimat des Zitronensalmlers  im unteren Amazonas-Becken liegt, genauer im Einzug des mittleren und unteren Tapajós zwischen Itaituba und Jacare Acanga, sowie in Bächen, die dem Rio Curua do Sol zufließen. Andere Autoren geben zusätzlich den Xingu und den Tocantins an.

Wir haben aktuell Wildfänge von H. pulchripinnis aus dem Rio Cuiaba im Bundesstaat Mato Grosso (Brasilien) erhalten. Das ist ein äußerst seltenes Ereignis und gab uns Stoff zum Nachdenken. Frisch gefangene Tiere sind – wie man dem Bild unseres Lieferanten entnehmen kann, kristallrot. Aber im Aquarium entfärben die Tiere sich meist. Dieses Phänomen kennt man von vielen Fischarten. Die Ursache liegt höchstwahrscheinlich in unserem sauberen Aquarienwasser. In der Natur ist das Wasser fast immer durch Lehm oder andere Schwebeteile getrübt. Die Färbung eines Fisches kann er nicht willkürlich steuern. Das übernehmen Hormone, deren Produktion durch vom Auge wahrgenommene Reize (Licht, Schatten, Wassertrübung, Farbe des Bodengrundes etc.) ausgelöst werden. Das erklärt zwar sehr gut, warum die meisten Fische in hellen, wenig strukturierten und sparsam eingerichteten Aquarien sehr blass gefärbt sind, nicht aber, warum sie manchmal trotzdem nach einer gewissen Zeit kräftige Farben zeigen.

In einem unserer Becken in der Schauanlage bei Aquarium Glaser schwimmt eine Gruppe des „Muzel Red Cherry“-Salmlers. Es handelt sich um Importe aus Brasilien, allerdings gehen wir davon aus, dass sie dort gezüchtet wurden. Unter den Muzel sind vorwiegend kräftig rot gefärbte Tiere, aber auch einige mit gelber Körperfarbe. Diese gelben Tiere sehen Zitronensalmlern sehr ähnlich. Bei den gelben Muzel-Salmlern ist auch der Schulterfleck ( = Humeralfleck) kräftig ausgepräget, der bei roten Muzel-Salmlern nur sehr schwach angedeutet sichtbar ist. Sämtliche Flossen beider Muzel-Farbschläge sind kräftig rot. Das unterscheidet sie deutlich von „echten“ Zitronensalmlern, die bestenfalls schwach orangefarbene Rücken- und Afterflossen haben. Die Schwanzflosse „echter“ Zitronensalmler ist immer transparent-farblos. Dieses Merkmal haben auch „Bolivia Orange“-Zitronensalmler (siehe https://www.aquariumglaser.de/fischarchiv/ein_fantastischer_zitronensalmler_de/). 

Ganz offensichtlich gibt es also einen ganzen Formenkreis um H. pulchripinnis, der folgende Arten/Formen umfasst: 1. der „klassische“ H. pulchripinnis, der seit 1937 in den Aquarien zuhause ist (farblose Schwanzflosse, meist auch Rücken- und Afterflosse, Afterflosse mit gelbem und schwarzem Strich an der Vorderkante, Rückenflosse ebenfalls mit Schwarz in der Vorderkante); 2. der pulchripinnis „Tapajós“, wie er im Aquarien-Atlas Band 1 abgebildet ist (Küvettenfoto vor Ort), bei dem der schwarze Strich am Anfang der After- und Rückenflosse fehlt; diese Art ist unseres Wissens im Hobby nicht vertreten bzw. wird nicht vom „normalen“ Zitronensalmler unterschieden; 3. der „Bolivia Orange“, den es seit ca. 1980 im Hobby gibt (farblose Schwanzflosse, Rücken- und Afterflosse kräftig rot, schwarzer Strich an der Vorderkante der Afterflosse fehlt); 3. der „Muzel Cherry Red“, bei dem alle Flossen und der Körper kräftig rot sind, schwarzer Strich an der Vorderkante der Afterflosse fehlt, seit etwa 2021 im Hobby; 4. der „Muzel Yellow“, der wie der „Muzel Cherry Red“ aussieht, aber mit gelb-orangefarbenem Körper. Ungeklärt bleibt das Rätsel um die manchmal kristallroten „normalen“ Zitronensalmler, von denen uns unser Lieferant schrieb: „In der Tat sehe ich die meisten Salmler aus Cuiaba so (Anmerkung: gemeint ist Rot), ich habe schon einige erhalten, um sie nach China zu schicken, und nach ein paar Wochen verlieren die meisten ihre Farbe, oder einige bekommen eine bessere Farbe… es ist ein Schuss ins Blaue…“

Die Pflege aller Zitronensalmler ist sehr leicht und gelingt auch Anfängern. Man hält die bis zu 4,5 cm langen Tiere im Trupp in gut strukturierten Aquarien, wo bald jeder Fisch ein winziges Revier besetzt. Gefressen wird jedes übliche Fischfutter, die Temperatur kann im Bereich zwischen 22 und 28°C liegen. Das Wasser sollte (muss aber nicht) weich und leicht sauer sein, dann sind die Farben am schönsten.

Für unsere Kunden: der „normale“ Nachzucht-Zitronensalmler hat Code 261603, der Wildfang aus dem Mato Grosso 261642 auf unserer Stockliste. Bitte beachten Sie, dass wir ausschließlich den Großhandel beliefern.

Text: Frank Schäfer, Photos: H.-J. Mayland, E. Schraml, F. Schäfer