Die Crenicichla wurden neu klassifiziert

14. Juli 2023

Mit 93 akzeptierten Arten sind die Hechtbuntbarsche (Crenicichla) die artenreichste Gattung der Buntbarsche überhaupt. Eng mit Crenicichla verwandt sind die Teleocichla-Buntbarsche. Die Verwandtschaft ist so eng, dass die Eigenständigkeit von Teleocichla mehrfach angezweifelt wurde. In einer aktuellen Studie, in der 74 Arten des Komplexes berücksichtigen konnten (65 Crenicichla-Arten und alle 9 Teleocichla-Arten) wurden verschieden Methoden getestet, um die verwandtschaftlichen Beziehungen der Hechtcichliden besser zu verstehen. Das Ergebnis ist, dass streng genommen nur noch eine einzige Art in Crenicichla verblieb, nämlich die Typusart der Gattung Crenicichla (Crenicichla macrophthalma Heckel, 1840)!

Crenicichla macrophthalma, Typusart der Gattung Crenicichla,  wurde bereits 1840 beschrieben. Die Art stammt aus der Umgebung von Manaus in Brasilien, ist aber eine extreme Rarität im Hobby. Die seltsame Seitenlinienzeichnung macht die Fische unverwechselbar.

Allerdings erachten die Autoren der Studie (Varella et al., 2023) zwei Gruppen der Hechtbuntbarsche als so eng mit dieser Art verwandt, dass sie dafür Untergattungen einrichteten. Die beiden Untergattungen zu Crenicichla sind Batrachops (9 Arten, Typusart Batrachops reticulatus) und Lacustria (34 Arten, Typusart Cycla lacustris). Diese Vorgehensweise wird sicher auf Kritik stoßen, denn der Begriff der Untergattung ist an sich ein Paradoxon. Entweder repräsentieren die Angehörigen einer Untergattung eine eigenständige monophyletische Entwicklungslinie, dann kann man sie auch genausogut in eine vollwertige Gattung stellen, oder eben nicht und dann braucht man auch keine Untergattung. Egal, darüber müssen andere urteilen.

Crenicichla (Batrachops) reticulata, Typusart der Untergattung Batrachops. Wenn Batrachops zur vollen Gattung würde, muss der Artname reticulatus lauten (masculinum), in Crenicichla ist er femininum, also reticulata.

Die meisten Arten der Untergattung Crenicichila (Lacustria) sind aquaristisch kaum verfügbar, sie kommen aus dem südlichen Brasilien. Die hier gezeigten Aufnahmen der Typusart C. lacustris entstanden vor 17 Jahren. Damals bezeichnete man die noch nicht identifizierten Fische als C. sp. Itapemirim oder C. sp. Malaria.

Die verbliebenen 49 Arten sind aber so stark verschieden von Crenicichla im eigentlichen Sinne, dass sie in separate Gattungen überführt wurden: Wallaciia (Typusart Crenicichla wallacii) mit 8 Arten, Lugubria (Typusart Crenicichla lugubris) mit 16 Arten, Hemeraia (Typusart Crenicichla hemera) mit 2 Arten und Saxatilia (Typusart Sparus saxatilis) mit 23 Arten. Die Eigenständigkeit von Teleocichla wurde bestätigt, sie umfasst 9 Arten, Typusart ist Teleocichla centrarchus.

Die Zwerg-Crenicichla wurden in die neu aufgestellte Gattung Wallaciia (Kein Tippfehler, zwei i) überführt. Typusart ist W. wallacii aus Guyana (Bilder), eine Art, die sehr ähnlich zu der aquaristisch viel besser bekannten Art W. regani ist.

Lugubria-Arten sind bei Besitzern großer (!) Aquarien recht beliebt. Die Bilder zeigen eine Population der Typusart L. lugubris aus dem Rio Jutai in Brasilien.

Die Vertreter der neuen Gattung Saxatilia gehören zu dem Formenkreis um S. saxatilis. Die Bilder zeigen S. edithae, einen typischen Vertreter der Gattung aus Paraguay. Die beiden Hemeraia-Arten sind u.W. lebend noch nicht in Erscheinung getreten.

Die Eigenständigkeit der Gattung Teleocichla wurde bestätigt. Die Bilder zeigen die Typusart T. centrarchus aus dem Rio Xingu in Brasilien.

Wie die Erfahrung mit der Zerschlagung anderer großer Sammelgattungen in der Vergangenheit gezeigt hat (z.B. Cichlasoma, Barbus/Puntius, Botia usw.) wird nun sicher in Bälde noch etwas Feinarbeit erfolgen und die Ausreißer in den neuen Gattungen noch einmal unterteilt werden. Es kommt also einige Lernarbeit auf die Fans dieser eleganten räuberischen Buntbarsche zu, wenn sie auf der Höhe der wissenschaftlichen Klassifizierung sein wollen. 

Im Handel werden die neuen Namen mit großer Sicherheit erst einmal nicht Einzug erhalten, denn jede Namensänderung bedeutet hier einen heftigen Eingriff in die Warenwirtschaftssysteme und ist mit hohen Kosten und – was wichtiger ist – mit Informationsverlust verbunden. Dort wird man darum erst einmal ein paar Jahre abwarten, wie die Wissenschaftsgemeinschaft die Vorschläge von  Varella et al. aufnehmen wird bevor man tätig wird. 

Text & Photos: Frank Schäfer

Literatur:

Varella, H. R., Kullander, S. O., Menezes, N. A., Oliveira, C. and H. López-Fernández (2023): Revision of the generic classification of pike cichlids using an integrative phylogenetic approach (Cichlidae: tribe Geophagini: subtribe Crenicichlina). Zoological Journal of the Linnean Society Advance article: 1-43