216 wissenschaftlich beschriebene Corydoras-Arten, von denen 163 allgemein als gültig akzeptiert sind (diese Zahl ändert sich freilich ständig, Stand März 2020), 159 C-Nummern und 160 CW-Nummern: da sollte man doch meinen, allmählich seien alle Panzerwelse hinlänglich bekannt. Doch noch immer gibt es etliche Arten, die bislang nur aufgrund ihrer wissenschaftlichen Beschreibung bekannt sind und deren Zuordnung zu lebend importierten Exemplaren schwierig ist.
Zu diesen Arten zählt der 1970 beschriebene Corydoras orphnopterus. Dieser langschnäuzige Panzerwels hat folgende, einzigartige Kombination von Farbmerkmalen: er besitzt eine dunkle Augenmaske, einen schwarzen Fleck, der am vorderen Rand der Mitte der Rückenflosse am intensivsten ist, ein Zeichnungmuster aus relativ kleinen Punkten, die auf dem Schwanzstiel in der Körpermitte drei parallel verlaufende Linien bilden, in deren Zwischenraum die Körpergrundfarbe – weißlich – heller ist als am restlichen Körper, wodurch zwei helle Bänder entstehen und ein Muster aus ca. 6-7 dünnen Bändern in der Schwanzflosse, die in einzelne Flecken aufgelöst sind. Beschrieben wurde C. orphnopterus anhand von drei Exemplaren, die ein unbekannter Sammler zu einem nicht dokumentierten Zeitpunkt in Ecuador (am unteren Rio Bobonaza zwischen Montalvo (2°06’S, 76°59’W) und Chicherota (2°22’S, 76°38’W, Provinz Pastaza) gesammelt hat. Der Rio Bobonaza gehört zum Einzug des Rio Pastaza, der seinerseits in Peru in den Amazonas mündet.
Seit einigen Jahren werden, wenn auch vergleichsweise selten und zu relativ hohen Preise, Corydoras orphnopterus aus Peru angeboten. Zunächst war der Fundort dieser Tiere nicht bekannt. Deswegen, und weil Details des Farbmusters gröber als bei dem Holotypus von C. orphnopterus waren, und weil über die Farbvarianz von C. orphnopterus buchstäblich nichts bekannt ist, bezeichnete man diese Tiere im Hobby vorsichtshalber als CW58.
Nun gelang uns der Import von 40 Exemplaren dieser Form. Als Fundort gab uns der Exporteur den Rio Tigre an. Dieser Fluss entspringt in Ecuador, ebenfalls in der Provinz Pastaza, und mündet in Peru in den Amazonas. In unserem aktuellen Import zeigt sich die große, für langschnäuzige Panzerwelse typische, individuelle Bandbreite bezüglich des Farbmusters. Man kann jedes Individuum an seinem Zeichnungsmuster erkennen. Unter unseren Tieren sind sowohl welche, die fast bis ins kleinste Detail dem Holotypus von C. orphnopterus entsprechen, wie auch grob gemusterte Exemplare vom Typ CW58. Dazwischen gibt es alle denkbaren Übergänge. Vom ähnlichen, ebenfalls hochvariablen Corydoras leopardus unterscheiden sich C. orphnopterus und CW58 immer sicher durch die dunkle Augenbinde, die bei C. leopardus fehlt.
Nimmt man alle Fakten zusammen, so ist CW58 nach aktuellem Kenntnisstand eine aus dem Rio Tigre stammende Variante von Corydoras orphnopterus. Noch bleiben winzige Restzweifel, da nach wie vor keine Lebendaufsammlungen aus dem Rio Bobonazo bekannt wurden, aber insgesamt kann man sagen, dass dank der Aquarienkunde wieder einmal ein weißer Fleck auf der Karte der Erkenntnisse über Panzerwelse mit Inhalt gefüllt werden konnte.
Für unsere Kunden: C. cf. orphnopterus aus em Rio Tigre hat Code 238205 auf unserer Stockliste. Bitte beachten Sie, dass wir ausschließlich den Großhandel beliefern.
Text & Photos: Frank Schäfer